Lehen der Grafen von Luxemburg im 13. Jahrhundert

 

Philippe Moulin

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Mit der Karte „Die Lehen der Grafen von Luxemburg im 13. Jahrhundert“ wird der Versuch einer kartographischen Darstellung der aktiven Lehen der Grafen von Luxemburg zwischen 1200 und 1310 unternommen.

Unter aktiven Lehen werden hierbei die Lehnsobjekte verstanden, bei denen der Graf von Luxemburg als Lehnsherr fungierte, nicht die, die er selbst als Lehnsmann empfangen hat.

Die Lehnsobjekte wurden in vier Kategorien unterteilt: Burgen, Landbesitz, Einnahmen und Rechte. Unter Landbesitz werden Güter, Häuser, Dörfer, Städte und sogar ganze Herrschaften gefasst, während die Kategorie Rechte hauptsächlich Gerichtsbarkeitsrechte innerhalb einer Herrschaft oder Stadt sowie Patronatsrechte an einer Kirche umfasst.

Karte: Lehen der Grafen von Luxemburg

grafen

Philippe Moulin, Université du Luxembourg


Ehe die Karte im Detail untersucht wird, soll noch auf die unvollständige Quellenlage im 12. und 13. Jahrhundert hingewiesen werden. Diese Karte umfasst nur sicher nachzuweisende Lehen, wobei man aber besonders für die älteren Lehnsgeschlechter oft keine Lehen nachweisen kann, da die Lehnsbindungen im und vor dem 12. Jahrhundert hauptsächlich mündlich beschlossen wurden. Der Großteil der hier dargestellten Lehen konnte entweder in Lehns- oder in Schenkungsurkunden nachgewiesen werden.

Es ist also klar, dass die Liste und Karte zu den Lehen der Grafen von Luxemburg keineswegs vollständig ist und uns lediglich einen groben Überblick über das Gebiet geben kann, über das die Grafen von Luxemburg eine Lehnsherrschaft ausübten. Die Analyse der Karte bietet auch Vergleiche zu Karten der Landesherrschaft Luxemburg in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts1 und in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts2 an.

Heinrich V. der Blonde, 1216-1281, Graf von Luxemburg (1247–1281) und Laroche und Markgraf von Arlon, Sohn Walrams IV. und Ermesinde I. Fenster aus der Marienkapelle in Clairefontaine, Belgien.
Quelle: cc3.0 Pasbal 2006, verändert

Diese stellen primär die Propsteien der Grafschaft Luxemburg dar, die sich aus gräflichem Allod zusammensetzten und somit das Gebiet der bereits realen Landesherrschaft zeigen. Die Lehnsherrschaft kann in vielen Fällen als Vorstufe zu einer Landesherrschaft gesehen werden3, musste sich aber nicht zwangsläufig so entwickeln.

Die Karte zeigt uns auf den ersten Blick, dass fast sämtliche Lehen der Grafen von Luxemburg sich im Raum zwischen Maas und Rhein befinden. Man kann mehrere, zum Teil sehr dichte, Häufungen von Lehnsgütern identifizieren, in denen der Graf von Luxemburg also einen starken Einfluss ausüben konnte.

Die stärkste Verdichtung kann man zwischen Luxemburg und Metz finden, also im Gebiet der Propstei Diedenhofen, die sehr stark durch gräfliches Allod geprägt ist und kaum durch alteingesessene Adelsfamilien. In dem Sinne wäre eine Vergabe von gräflichem Allod als Lehen an zahlreiche kleine Ritter in dieser Gegend anzunehmen.

Diese Vergabe von allodialen Rechten, scheint sich jedoch hauptsächlich auf die entlang der Mosel gelegenen Rentenlehen aus z.B. Fischereien zu beziehen, während alle Burgen in dieser Gegend, sowie der größte Teil der Güter, dem Grafen zu Lehen aufgetragen wurde.

Anzunehmen ist, dass der Graf von Luxemburg durch diese Lehnsauftragungen seine Herrschaft in diesem Gebiet nicht nur konsolidierte, sondern regelrecht vervollständigte.

Eine zweite Verdichtung ist nördlich der Stadt Luxemburg zu sehen und erstreckt sich zwischen Luxemburg, Arlon und Mersch. Es ist anzunehmen, dass viele Lehen in diesem Gebiet, das die Grafen von Luxemburg schon lange kontrollierten, bereits aus dem 12. Jahrhundert stammten und uns zum Teil überhaupt nicht überliefert sind, besonders im Betreff auf die hier zu findenden Burgen der lokalen Herrengeschlechter, wie z.B. Fels, Mersch, Ansemburg, Meysemburg, Fischbach und Useldingen. Nur Linster und Simmern sind uns als Lehnsburgen bezeugt.

Die dritte Verdichtung in der Nähe der Burg und Stadt Luxemburg liegt westlich von dieser im Raum zwischen Arlon und Marville. Die zahlreichen hier zu findenden Lehen setzen sich vor allem aus Einnahmen und Landgütern zusammen. Burgen sind kaum zu finden, was einerseits an der eher geringen Burgendichte in dieser Region liegt, andererseits aber auch auf einen hier schwächer ausgeprägten Einfluss der Grafen von Luxemburg in dieser Region schließen lässt, in der sie mit den Grafen von Bar konkurrierten.

In der Region zwischen Maas, Semois und Ourthe, also im Grunde dem Gebiet der Grafschaften Laroche und Durbuy findet wir ein relativ gleichmäßiges, dichtes Netz an Lehen, die hauptsächlich aus Landgütern, Dörfern und Burgen bestehen. Viele dieser Lehen wurden den Grafen von Luxemburg von lokalen Herrengeschlechtern, wie z.B. den Herren von Han aufgetragen und zeugen somit von einem wachsenden Einfluss der Grafen in dieser Region während des 13. Jahrhunderts.

Die Eifel, also vor allem das Gebiet um und nördlich von Bitburg zeigt weniger Lehen auf, als die bislang vorgestellten Verdichtungen, was möglicherweise an einer geringeren Besiedelungsdichte des Gebiets liegt. Die Luxemburger Lehen in dieser Region bestehen vor allem aus Burgen, was einen starken Einfluss der Grafen vermuten lässt.

Vorsicht ist bei vielen dieser Lehnsburgen jedoch geboten, da die entsprechenden Lehns- und Offenhausverträge oft von einer Mehrfachvasallität und mehreren Treuevorbehalten ausgehen. Dies zeugt von der „Schaukelpolitik“ des lokalen Adels in der Eifel zwischen den benachbarten Landesherren, wie den Grafen von Luxemburg und Jülich, sowie den Erzbischöfen von Köln und Trier.

Heinrich VII., 1278/79-1313, Graf von Luxemburg (1288–1313) und Laroche sowie Markgraf von Arlon. Sohn Heinrichs VI., als Heinrich VII. römisch-deutscher König 1308, Kaiser 1312. Statue des Kaisers von seinem ehemaligen Grabmal im Dom zu Pisa von Tino di Camaino, 1313, jetzt Museo dell'Opera del Duomo.
Quelle: cc3.0 sailko


Entlang der unteren Mosel befinden sich auch eine Reihe von Lehen, die von der Konkurrenz zu den Erzbischöfen von Trier im 13. Jahrhundert zeugen. Strategisch wichtige Burgen sind hierbei eher in einer gewissen Entfernung zu Trier, Richtung Koblenz, zu finden, abgesehen von der Burg der Herren von der Brücke nahe den Barbarathermen in Trier, die aber mit einem Vorbehalt gegenüber den Trierer Erzbischöfen zu Lehen aufgetragen wurde.

Johann von Böhmen (der Blinde), für Luxemburg wie Böhmen Johann I., 1313–1346, Sohn Heinrichs VII., seit 1310 König von Böhmen
Büste Johanns von Luxemburg im Prager Veitsdom von Peter Parler, cc0

Die wenigen und relativ isoliert liegenden Lehen im Saarland, der Pfalz, im Ruhrgebiet und in Lothringen bezeugen zwar eine gewisse Präsenz der Grafen von Luxemburg, zeugen aber nicht von großem Einfluss oder einer wirklich aktiven Lehnspolitik, sondern sind meist durch Lehnsauftragungen dort angesiedelter Lehnsmannen entstanden, bei deren Lehnsbindungen, nicht das Lehnsgut sondern die Bindung der Person mit deren Netzwerk oder sonstigen Eigenschaften von Gewinn für die Grafen von Luxemburg waren.

Hier muss man allerdings auch das eventuelle Interesse dieser Lehnsmannen erkennen, dem Lehnshof der Grafen von Luxemburg beizutreten.

Die Karte stützt die Ergebnisse der Masterarbeit „Lehnsrecht, Lehnspolitik und Lehnshof der Grafen von Luxemburg im 13. Jahrhundert“ indem sie Ausbau und Konsolidierung der Landesherrschaft durch eine rege Lehnspolitik der Grafen sichtbar und fassbar macht.

Ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit ist darin zu sehen, dass die meisten dieser hier zu sehenden Lehen durch Lehnsauftragungen zustande kam, also durch die Übergabe des Objekts durch den Lehnsmann an den Grafen von Luxemburg, der seinen neuen Lehnsmann wiederrum mit diesem Objekt belehnte.

Der Großteil der Lehen sind demzufolge Neuerwerbungen der Grafen von Luxemburg im 13. Jahrhundert, wobei trotzdem zu bedenken gilt, dass die Initiative zu Lehnsauftragungen nicht immer bei Grafen, sondern in vielen Fällen auch bei den zukünftigen Lehnsmannen zu sehen ist, die sich durch die Aufnahme in den Lehnshof der Grafen von Luxemburg politische und/oder finanzielle Vorteile erhoffen konnten.

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1Margue, Michel/Pauly, Michel: Luxemburg vor und nach Worringen: die Auswirkungen der Schlacht von Worringen auf die Landesorganisation sowie die Territorial- und Reichspolitik der Grafen von Luxemburg; in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 16 (1990), S. 111–174, S. 149.

2Reichert, Winfried: Landesherrschaft zwischen Reich und Frankreich. Verfassung, Wirtschaft und Territorialpolitik in der Grafschaft Luxemburg von der Mitte des 13. bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts; Trier 1993, S. 622.

3Obwohl der Lehnsherr oft keinen direkten Zugriff auf die Lehen hatte, so unterstanden diese doch der Gerichtsbarkeit der Lehnskurie und konnten durch z.B. Offenhausklauseln für Burgen, enger in die sich entwickelnde Landesherrschaft eingebunden werden.

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Quellen


Nationalarchiv Luxemburg:  ANLux, A-X-42-1 (Liber Feudorum)

Beyer, Heinrich: Urkundenbuch zur Geschichte der jetzt die Preussischen Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mittelrheinischen Territorien. Bd. 1-3; Koblenz 1860.

Van Werveke, Nicolas: Cartulaire du Prieuré de Marienthal; Luxemburg 1885.

Wampach, Camille: Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen Territorien. Bd. 1-10; Luxemburg 1935