Septfontaines

KE030 Faïencerie Boch in Septfontaines


Faïencerie Boch à Septfontaines

1776 - 2010

L-2441 Luxembourg
330 rue de Rollingergrund

Steingut, Feinsteingut

Septfontaines, Ansicht der Betriebsanlagen Ende des 19. Jh.  

Emile Decker

Die Familie Boch, die die Manufaktur von Siebenbrunnen gründet, ist ursprünglich in Lothringen angesiedelt, wo sie Eisengießer in Hayange sind. 1748 entschließen sich François Boch und seine beiden Söhne Pierre-Joseph und Jean-François dazu, Steingut herzustellen und wählen vorerst den Standort Audun-le-Tiche.

Als Lothringen 1766 französisch wird ist der Familie bewusst, dass sie einerseits unter der Konkurrenz der französischen Steingutfabriken leiden wird, andererseits, dass die abschreckenden Zollsätze sie von ihren Hauptabsatzmärkten trennen werden, die sich in Luxemburg befinden, das damals zu den österreichischen Niederlanden gehört.

Man trifft die Entscheidung, die Aktivität nach Siebenbrunnen in der Nähe von Luxemburg-Stadt zu verlagern. 1766 kauft man ein Gelände in der Nähe von Tongruben, das den Namen „La folie Grégoire“ trägt und lässt einen Teil des Personals der Steingutfabrik Audun nach Luxemburg kommen.

Eintopfterrine, Ende 18. Jh., Musée Gaumais Virton
Foto: © Eric Hanse

Altarlampe, Ende 18. Jh., Septfontaines, coll. Keramikmuseum Mettlach
Foto: © Christian Kahnke 

Man baut zuerst drei Öfen, dann 1778 einen vierten. Man nutzt die Wasserkraft der Bäche und Flüsse, um die Rohstoffe für die Zusammensetzung der Masse zu vermahlen. 1771 beschäftigt das Unternehmen 66 Arbeiter, 1780 sind es 150, und 1784, als man einen fünften Ofen errichtet, dessen Kapazität die vorherigen um das Fünffache übersteigt, fast 300.

Man produziert hauptsächlich emaillierte Pfeifentonirdenware, die Verzierungen werden aufgemalt. Zu dieser Zeit schätzen die Kunden die sehr feinen, blauen Motive, die nach Art der Porzellanmanufakturen gemalt sind. Von diesen Verzierungen wiederum werden einige bevorzugt, wie die Girlanden, die Kleeblätter oder auch der Brindille-Chantilly-Dekor, dessen Name von einer französischen Porzellanmanufaktur stammt, durch die dieses Motiv bekannt wurde.

Heute ist er unter dem Namen „Vieux Luxembourg“ bekannt, weil er einer der Lieblingsmotive von Siebenbrunnen wurde. Doch zur gleichen Zeit bietet die Manufaktur auch gemalte polychrome Verzierungen von großer Qualität an, hauptsächlich Blumenmotive: Rosen, Tulpen, Nelken, Sträuße, entweder natürlich gemalt oder nach der Technik der umrandeten Konturen, nach Art der großen Porzellan- oder Steingutmanufakturen wie Straßburg oder Niderviller im Osten Frankreichs.

Ein großer Teil der Produktion besteht aus weißem Steingut mit Blumenmustern in Relief nach Art der Manufaktur von Pont-aux-Choux in Paris oder auch der lothringischen Steingutfabriken von Lunéville oder Rambervillers.

1794, während der Französischen Revolution, fallen die französischen Truppen in luxemburgisches Gebiet ein und die Manufaktur wird komplett zerstört. Pierre-Joseph beschließt, ein Darlehen aufzunehmen und die Fabrik wieder aufzubauen. Eine Untersuchung von 1811 zeigt, dass 150 Menschen am Standort arbeiten, dass drei Öfen arbeiten, die 156 Brände im Jahr verzeichnen.

1809 plant Jean-François Boch, das Familienunternehmen den Steinkohlevorkommen näher zu bringen, die für ihn den Brennstoff der Zukunft in der Keramikindustrie darstellen. Hierfür kauft er ein ehemaliges Benediktinerkloster in Mettlach im Saarland und erhält 1812 von der französischen Regierung die Genehmigung, zu produzieren.

Pierre-Joseph Boch, der Leiter von Siebenbrunnen, stirbt 1818. Das Unternehmen wird aufgeteilt zwischen Jean-François Boch und seinem Schwager Bonaventure Dutreux, der seinerseits 1829 stirbt. Jean-François wird erneut Leiter der Manufaktur von Septfontaines, und sein Sohn Eugen kümmert sich um die Leitung von Mettlach.

Schloß Septfontaines im Rollingergrund, 2011
Foto: © GR-Atlas

Pot-pourri, Anfang 19. Jh., Septfontaines, Musée Gaumais Virton
Foto: © Eric Hanse


1836 beschließen die Familien Boch und Villeroy, von denen letztere die Steingutfabrik von Wallerfangen besitzt, sich zu vereinen, um so der Konkurrenz auf ihren Märkten besser gegenübertreten zu können. Ein Vertrag zum Zusammenschluss wird am 14. April in Fremersdorf unterzeichnet. In Luxemburg sieht sich Jean-François Boch 1838 mit Hindernissen konfrontiert, die den guten Gang seiner Geschäfte stören.

Die sehr mächtige „Société d’Industrie luxembourgeoise“, die von Banken in Brüssel gegründet wurde, hat zwei Steingutfabriken aufgekauft, die eine in Eich, die andere in Echternach, um so ein bedeutendes Keramikunternehmen zu schaffen, das die luxemburgischen und belgischen Märkte mit Steingut beliefern könnte. Jean-François Boch sieht in diesen Plänen eine Gefahr für sein Unternehmen. Er macht der „Société d’Industrie“ verständlich, dass es keinem dienlich sei, eine Konkurrenz zu schaffen, die für beide Parteien schädlich und teuer sein könnte.

Er rät, so wie er es im Saarland getan hatte, zu einer Union und schlägt vor, die Steingutfabrik von Siebenbrunnen in das Projekt der belgischen Investoren zu integrieren. Um dies zu erreichen, muss er seine Gelder mobilisieren und entscheidet, mit dem Einverständnis von Villeroy, sich aus der Gesellschaft Villeroy und Boch zurückzuziehen. Sein Vorschlag wird angenommen, und Jean-François Boch wird Generaldirektor der Gesellschaft „Jean-François Boch et Cie“, welche die drei luxemburgischen Steingutfabriken leitet.

Doch 1839 tritt Luxemburg, auf Vorschlag von Wilhelm I., König der Niederlande, dem Deutschen Zollverein bei, was im Widerspruch zu allen zuvor entwickelten Projekten steht. Luxemburg wird von Belgien durch Zollsätze getrennt, die von jeglichem Handel zwischen den beiden Regionen abschrecken.

Die „Société d’Industrie luxembourgeoise“, deren Ursprünge in Belgien liegen, beschließt sich zurückzuziehen und die Standorte Eich und Echternach zu verkaufen. Jean-François Boch konzentriert daraufhin seine Produktion allein auf den Standort Siebenbrunnen, doch er bittet seine Söhne, einen Produktionsstandort in Belgien zu suchen. So eröffnet 1844 die Manufacture von La Louvière. 1844 kauft er von seiner Schwester Marie ihre Anteile an der Steingutfabrik zurück. Er schließt das Unternehmen von 1851 bis 1855 mit der Gesellschaft „Boch frères“ in Belgien zusammen, zu dem La Louvière und die Manufaktur von Tournai gehören. 1855 entscheidet er, sich erneut der Gruppe Villeroy et Boch anzuschließen und verpachtet ihr die Fabrik.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts verändert sich die Produktion sehr stark. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts ersetzt man nach und nach die emaillierte Pfeifentonirdenware durch feines, feldspathaltiges Hartsteingut mit einer weißeren und härteren Masse. Eine Innovation im Bereich der Fabrikationstechniken ist um 1823 die Einführung des Drucks von Gravuren, die man auf das Steingut überträgt. Dies ermöglicht es, ein Motiv in kurzer Zeit in sehr großer Stückzahl anfertigen zu können. Die Vorgehensweise ist kostensparend und entspricht vollends den wirtschaftlichen Erfordernissen, die die Industrie verlangt. Neben dem Tafelgeschirr produziert Siebenbrunnen außerdem Kacheln nach neuen Techniken: Das Trockenpressen wird seit 1846 angewendet.

Die Betriebsanlagen von Villeroy & Boch im Rollingergrund, 1960
Foto: © Photothèque de la Ville de Luxembourg

Die 2010 aufgegebenen Betriebsanlagen von Septfontaines 2012
Foto: © GR-Atlas

 

Die Situation des Standorts Septfontaines wird in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schwierig. 1878 wird die Fabrik von der Gesellschaft „Boch frères“ an die Nachfolger von Jean-François Boch verkauft, die sie 1882 an das Unternehmen Villeroy et Boch abgeben. Man produziert außergewöhnlich widerstandsfähiges feuerfestes Geschirr, doch ohne künstlerische Qualitäten.

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zeichnet sich allerdings durch den Willen zur Modernisierung und Rationalisierung des Arbeitsprozesses aus. Paul Muller (1915-1954) leitet diese Bestrebungen. In der Art-déco-Zeit entsteht eine Zusammenarbeit im Bereich der Kreation von Nippes-Objekten zwischen Siebenbrunnen und dem Herausgeber Robj aus Paris.

1966 wird ein zeitsparender Tunnelofen am Standort installiert, der eine sehr starke Steigerung des Produktionsumfangs ermöglicht. Das Herstellen von Vitroporzellan ist typisch für diese Modernisierungsphase des Unternehmens. Dennoch machen zu Beginn des 21. Jahrhunderts die Umstrukturierungen der Gruppe die Schließung der bedeutendsten Steingutfabrik des Großherzogtums Luxemburg unumgänglich.

 

Quellen


Genard Guy, Ressemblances et différences dans les manufactures belgo-luxembourgeoises de terres de pipe des XVIII et XIXe siècles. Volume I. Les décors „Bouquets“ et „Trèfle“, Liège, 2004, 160 p

Mousset J.-L., «Faïence fine de Septfontaines», L’Estampille, l’Objet d’Art, n° 246, avril 1991, p. 76 à 85.

Mousset J.-L., Faïences fines de Septfontaines, décors et  styles de 1767 au début du XIXe siècle, éd. Banque Générale du Luxembourg, Luxembourg, 1981, 257 p.

Mousset J.-L., Faïences fines de Septfontaines, décors floraux de 1767 au début du XIXe siècle, Luxembourg, 1989, 194 p

Mousset Jean-Luc et DEGEN Ulrike Le trèfle et la brindille. Deux décors sur les terres de pipe de Septfontaines  au début du 19e siècle. Luxembourg, 2002, 159 p.

Thomas T., Rôle des Boch dans la céramique des 18e et 19e siècles, Inst. Sup. d’Histoire de l’Art et d’Archéologie université de Liège - Thèse de  Doctorat,  Sarrebruck, 1974, 310 p.

Catalogue AMSTERDAM, Rijksmuseum, 1977-1978, Villeroy et Boch 1748-1930, Deux siècles de production céramique, 203 p.

Catalogue PARIS, Musée national de céramique Sèvres, 1985, Villeroy et Boch 1748 - 1985, Art et industrie céramique, 209 n°, s.p.

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Externe Links


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