Luxemburg

Die Keramikerzeugung im Großherzogtum Luxemburg

 

Emile Decker

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Genau wie in den angrenzenden Regionen beginnt auch auf dem Gebiet des Großherzogtums Luxemburg die Geschichte der Keramik im Frühneolithikum, wie es die archäologischen Ausgrabungen belegen, und zwar zu der Zeit, als sich die Bevölkerungsgruppen der sogenannten Bandkeramikkultur und der sogenannten „La Hoguette“-Kultur dort niederließen.

Während Jahrtausenden wird die Nachfrage an Keramik lokal von einer langen Tradition von Töpfern befriedigt. Während der römischen Epoche ermöglicht es der reichsinterne Handel, den lokalen Markt durch die Offizinen aus den verschiedenen Teilen Galliens zu beliefern. Aus diesem Grund wird lediglich einfache Keramik hergestellt.

Wie auch in anderen Teilen Europas spezialisieren sich im Mittelalter einige Dörfer auf die Verarbeitung von Ton. Doch erst im 18. und 19. Jahrhundert erreicht die Keramik eine internationale und industrielle Dimension. Dies ist der Industriellenfamilie Boch zu verdanken: Pierre-Joseph Boch, der in Audun-le–Tiche eine Steingutfabrik besaß, beschließt 1767, sich in Septfontaines in der Nähe der Stadt Luxemburg niederzulassen.

Karte: Keramikerzeugung

 

Keramikerzeugung

Emile Decker, Musée de Sarreguemines

Septfontaines, Ansicht der Betriebsanlagen gegen Ende des 19. Jh.
Quelle: Zentralarchiv Villeroy & Boch, Merzig

Der Industrielle stellt dort emailliertes Steingut und Pfeifentonirdenware her, mit blauen Motiven verziert, welche sich als sehr erfolgreich erweisen: Der Brindille-Chantilly-Dekor ist seitdem unter dem Namen „Vieux Luxembourg“ bekannt.

Doch es gibt auch kostbarere Verzierungen, polychrome Motive, die natürliche Blumen zeigen, wie in den großen Steingut- und Porzellanmanufakturen dieser Zeit. Die Produktion besteht aus Tafelgeschirr von sehr guter Qualität, das nach Holland, Belgien und Frankreich verkauft wird. Die Kaiserin Maria Theresia gibt der Steingutfabrik den Titel „Kaiserlich Königliche Manufaktur“.

Die Französische Revolution unterbricht diese Entwicklung. 1794 wird die Fabrik von Septfontaines während der Invasion Luxemburgs durch die französischen Truppen vollkommen zerstört, und Pierre-Joseph Boch muss sie in den darauffolgenden Jahren mit den dazu notwendigen geliehenen Geldern wieder aufbauen.

Die Manufaktur von Septfontaines und ihr wirtschaftlicher Erfolg sind gleichzeitig Vorbild und Bremse für andere Unternehmer. Für kleine Unternehmen ist es schwer, sich im Schatten von Septfontaines zu entwickeln, das über wichtige Privilegien, einen gut entwickelten Markt, Können und großes Kapital verfügt. Diese Vorteile sind schwer zu übertrumpfen.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts scheitern Versuche, Steingutfabriken zu gründen. So hat ein von Jean Nicholas Brahy in Grevenmacher gegründetes Unternehmen nur eine kurze Lebensdauer. Andere Fabriken werden ständig Schwierigkeiten haben, ihren Platz auf dem Keramikmarkt zu finden.

Die 1797 von Jean Henri Dondelinger gegründete Steingutfabrik von Echternach wird nicht ohne Schwierigkeiten von seinen Erben und dem Industriellen Charles Lamort bis in die 1870er Jahre geführt. In Eich produziert das 1830 von der Familie Pescatore gegründete Unternehmen nur während etwa zehn Jahren. Einige Jahre nach seiner Schließung nehmen die Gebäude stahlverarbeitende Betriebe auf, die für finanziell rentabler gehalten werden.

1837 wird in Brüssel eine Investitionsgesellschaft mit einem Kapital von 5 000 000 Franken gegründet. Sie trägt den Namen „Société d’Industrie luxembourgeoise“ und stellt mittels Kommanditgesellschaften, deren Kapital jeweils zu zwei Dritteln von der „Société d’Industrie“ gehalten wird, verschiedene Projekte auf.

Teller der Faïencerie Dondelinger in Echternach, coll. Musée de Virton
Foto: © Christian Thévenin

Bemalter Teller der Faïencerie d'Eich, coll. Christian Leclerc, Émaux d'art de Longwy
Foto: © Christian Thévenin

Mit dem Ziel der Gründung einer Steingutproduktionsgesellschaft kauft sie in einer ersten Phase die Steingutfabrik von Mühlenbach in Eich und die Steingutfabrik Muller in Echternach auf. Jean-François Boch beobachtet mit Besorgnis diese Entwicklung auf dem luxemburgischen Gebiet.

Er macht den Investoren verständlich, dass es für alle beteiligten Parteien schädlich sein könnte, eine neue Konkurrenz im luxemburgischen Raum einzuführen, wohingegen ein Zusammengehen einen wirtschaftlich stärkeren und konsequenteren Organismus schaffen würde. Er wird erhört, und die Steingutfabrik von Septfontaines tritt in das Projekt der „Société d’Industrie“ ein. Jean-François wird zum Generaldirektor der Gesellschaft „Jean-François Boch et Cie“ ernannt, die die Entwicklung der drei Luxemburger Steingutfabriken leitet. 

Doch die internationale Politik durchkreuzt diese Projekte. 1839 fällt Luxemburg, das sich 1830 der belgischen Revolution angeschlossen hatte, wieder an die Niederlande und tritt einige Zeit später der deutschen Zollunion bei. Dieses Ereignis hat wichtige wirtschaftliche Konsequenzen: Luxemburg wird von seinem belgischen Markt getrennt und die belgischen Investoren verlassen das Großherzogtum.

Die „Société d’Industrie luxembourgeoise“ zieht sich zurück und Jean-François Boch sieht sich gezwungen, Eich und Echternach wieder zu verkaufen, doch er behält sein Projekt bei, sich dem belgischen Markt zu öffnen, indem er dort eine Manufaktur eröffnet, deren Leitung er einem seiner Söhne überträgt. Von 1851 bis 1855 schließt er Septfontaines mit der Gesellschaft „Boch frères“ zusammen, der die Steingutfabrik von La Louvière und die Manufaktur von Tournai gehören.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts gibt es in der Produktion der luxemburgischen Manufakturen zahlreiche Neuerungen. Die Steinkohle wird der für das Brennen von Keramik günstigste Brennstoff, die Dampfmaschine löst nach und nach die Wasserkraft ab.

Um kostengünstiger produzieren zu können, wendet man sich Verfahren zu, die es ermöglichen, Serienprodukte herzustellen. In diesem Sinne setzt man die Drucktechnik ein, die ab 1823 in Septfontaines verwendet wird, und in den 1830er Jahren auch in Eich.

Ein anderer Zweig der Keramikindustrie entsteht im Großherzogtum: der der Steinzeugfliesen. Mit der Entwicklung der Städte, dem Bau von Fabriken, Bahnhöfen, Kasernen, öffentlichen Gebäuden jeder Art, steigt die Nachfrage nach soliden Bodenplatten.

Fabrikstempel der Faïencerie d'Eich
Foto: © Christian Thévenin
 
 

Eintopfterrine, Ende des 18. Jh., Faïencerie de Septfontaines, coll. Musée Gaumais Virton
Foto: © Eric Hanse

Die Gesellschaft Utzschneider & Edouard Jaunez kauft 1873 eine von Philippe Lamberty geleitete Töpferei. Charles Utzschneider und Edouard Jaunez sind Anteilseigner der Manufaktur von Saargemünd, ihre Familien sind seit langem mit den Familien Villeroy et Boch in verschiedenen Unternehmen verbunden.

Nach dem Krieg von 1914-1918 wird die Gesellschaft Utzschneider & Edouard Jaunez zu einer Aktiengesellschaft mit dem Firmennamen Cerabati, „Compagnie générale de produits céramiques“, die Wasserbillig als Produktionseinheit beibehält. Die Fabrik produziert bis Ende des 19. Jahrhunderts. Sie schließt 1980.

Im Bereich der Verarbeitung von gebranntem Ton haben einige kleine Unternehmen einen gewissen Erfolg. Dies gilt zum Beispiel für das Unternehmen von Nicolas Schneider, 1870 in Nospelt im Kanton Capellen gegründet, das Ziegel, aber auch Gefäße aus rotem, glasiertem gebranntem Ton herstellt.

 
 

Die Töpferei Hippolyte Génin in Echternach stellt feuerfeste Tongefäße her. Das Unternehmen der Gebrüder Selm, auch in Echternach, beliefert den Markt mit Haushaltsartikeln, aber auch mit Qualitäts-Gartentöpferei, es schließt erst 1971.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts führen die Umstrukturierungen der Firmengruppe Villeroy & Boch 2010 zur Schließung von Septfontaines, der namhaftesten Keramikfabrik des Großherzogtums Luxemburg.

 
Die 2010 aufgegebenen Produktionsanlagen von Septfontaines 2012
Foto: © GR-Atlas
 

Quellen


Catalogue Amsterdam, Rijksmuseum, 1977/1978 : Villeroy et Boch 1748-1930, Deux siècles de production céramique, 203 p.

Catalogue Paris, Musée national de céramique Sèvres, 1985, Villeroy et Boch 1748 - 1985, Art et industrie céramique, 2009 n°, s.p.

Hollenfelz, Jean-Louis 1936 : La faïencerie de Gravenmacher. Dans : Bulletin de l’Académie Luxembourgeoise, Août-décembre 1936.

Marien-Dugardin, A.M. 1975 : Faïences fines, Musées Royaux d’Art et d’Histoire, Bruxelles, 276 p

Mousset, Jean-Luc. 1981 : Faïences fines de Septfontaines, décors et styles de 1767 au début du 19e siècle, éd. Banque Générale du Luxembourg, Luxembourg, 257 p.

Mousset, Jean-Luc. 1989 : Faïences fines de Septfontaines, décors floraux de 1767 au début du 19e siècle, Luxembourg, 194 p.

Mousset, Jean-Luc. 1991 : Faïence fine de Septfontaines. Dans : L’Estampille, l’Objet d’Art, n° 246, avril 1991, p. 76 à 85.

Mousset, Jean-Luc & Degen, Ulrike 2002 : Le trèfle et la brindille. Deux décors sur les terres de pipe de Septfontaines au début du 19e siècle. Luxembourg, 159 pages.

Thomas, Thérèse 1974 : Rôle des Boch dans la céramique des 18e et 19e siècles, Thèse de Doctorat d’Université. Liège : Institut Supérieur d’Histoire de l’Art et d’Archéologie, Sarrebruck

Externe Links


industrie.lu : Faïenceries et poteries de grès au Luxembourg external link