Name: Glaser
Familiennamen aus der Berufsbezeichnung für den Glaser
Cristian Kollmann (2008)
Quellen | Links |
Die Karte stellt die Verbreitung der Varianten des Familiennamens Glesener / Glaser / Glasmacher in der Großregion dar. Sie ist ein Beispiel für Ergebnisse des FNR-Projektes "Luxemburgischer Familiennamenatlas" (LFA, Leitung: Peter Gilles). Der Teilraum Lothringen ist bisher noch unberücksichtigt.
Das Ziel des "Luxemburgischen Familiennamenatlas" (LFA) besteht darin, die Verbreitung der Familiennamen in Luxemburg und in den Nachbarregionen zu dokumentieren, um in einem zweiten Schritt eventuelle Rückschlüsse auf die Sprach- und Siedlungsgeschichte und auf Phänomene des historischen Sprachkontakts schließen zu können. Auch soll herausgefunden werden, welche Familiennamen typisch für Luxemburg sind und ob bzw. worin sich diese von Namen in anderen Untersuchungsgebieten unterscheiden. Neu an diesem Projekt im Vergleich zu Familiennamenatlasprojekten anderer Länder ist das länderübergreifende Vorgehen. Mit einer Fläche von 2 500 Quadratkilometern ist das heutige Luxemburg als Untersuchungsgebiet sehr klein, und die Raumbildungen von Namen überschreiten oft die Landesgrenzen. Daher werden zusätzlich auch die Namendaten von Belgien, Deutschland, Frankreich berücksichtigt. Die Häufigkeiten von Familiennamen werden auf der Grundlage der Telefonanschlüsse ermittelt. |
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Glasmacherhttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/sp59/na478#sigProId8fe12d0b0a Quelle: Johann Kunckel: Ars Vitraria experimentalis oder Vollkommene Glasmacherkunst, Nürnberg 1744 |
Familiennamen mit der Berufsbezeichnung für den Glaser Mit einer Häufigkeit von 111 steht der Name Glesener auf Rang 235 der Luxemburger Familiennamen. Seltener sind die Varianten Glaesener (45 mal), Gloesener (32 mal) und Glesner (5 mal). Die luxemburgische Aussprache des Namens lautet Gliesener. Die Herkunft dieses Namens lässt sich folgendermaßen beschreiben: Es handelt sich um die Berufsbezeichnung für den Glaser (vgl. Müller 1887, S. 23 und zuletzt DFA , S. 5). Doch trotz der soliden Etymologie bleibt der Familienname Glesener (inkl. Varianten) in Luxemburg auffällig: Im Luxemburgischen scheint nämlich der Begriff Gliesener als Berufsbezeichnung nicht zu existieren. Das Luxemburger Wörterbuch (LWB) vermerkt nur Glaser und für das Nordösling Gläsermécher. Wenn der Familienname Glesener auf Luxemburger Territorium entstanden ist, ist davon auszugehen, dass einst in Luxemburg durchaus das entsprechende Appellativum (hier: Berufsbezeichnung) gegolten haben muss. |
Dieses müsste in mittelhochdeutscher Zeit *gläsenære gelautet haben. Doch sind interessanterweise für das Mittelhochdeutsche, wie aus dem Mittelhochdeutschen Handwörterbuch von Matthias Lexer hervorgeht, nur glasære und glaser überliefert. Auch im Deutschen Wörterbuch (DWB) von Jacob und Wilhelm Grimm findet man nur Glaser und vorwiegend mitteldeutsch gleser. Als Familienname begegnet Glezenner immerhin schon ab 1388, und zwar in Ostfalen (DFA 1, S. 10). Die Form Glesener scheint somit erst in spät- oder nachmittelhochdeutscher Zeit entstanden zu sein. Dass es sich um eine spätere Bildung handelt, ist übrigens auch am -n- erkennbar, das von Namen wie Gärtner, Hafner, Wagner eingeflossen ist. In Luxemburg jedoch scheint der Begriff Glesener nur interimsmäßig, aber auf jeden Fall während jener Phase, in der die Familiennamen entstanden (Mitte 13. Jh. bis Mitte 18. Jh.), in Gebrauch gewesen zu sein. Im synchronen Luxemburgischen lässt sich also eine Spaltung zwischen "Glaser" als Familienname und "Glaser" als Appellativ feststellen: Glesener konnte sich, aus welchem Grund auch immer, als Familienname behaupten. Als Appellativ haben sich dagegen Glaser und Gläsermécher durchgesetzt, während als Familienname diese beiden Begriffe nicht vorkommen. |
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Familiennamen aus der Berufsbezeichnung für den Glaserhttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/sp59/na478#sigProId85e0ba9b78 |
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Glasmacherhttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/sp59/na478#sigProId753d65a97f Quelle: Archiv V&B 1893 |
Es fällt auf, dass das Hauptverbreitungsgebiet der Varianten Glesener, Glaesener, Gloesener das heutige Luxemburg ist, aber auch südwestlich von Lüttich kommen Glesener, Glaesener vor. Die Variante Glesner findet man verstreut außerhalb von Luxemburg mit leichter Konzentration um Lüttich, entlang der romanisch-germanischen Sprachgrenze in Wallonien und um Saarbrücken. Es handelt sich also um einen typisch luxemburgischen Familiennamen. Aus der Karte wird ersichtlich, dass weder der Familienname Glaser (inkl. der Variante Glasner) noch der Familienname Glasmacher in Luxemburg vorkommt – obwohl die luxemburgischen Begriffe für den Glaser durchaus Glaser und Gläsermécher lauten. Diese Namen sind fast ausschließlich auf Deutschland beschränkt. Insgesamt zeigt sich, dass die Landesgrenze zu Luxemburg – zumindest was diesen Familiennamen betrifft – auch eine Art Namengrenze darstellt. |
DFA 1 = Deutscher Familiennamenatlas. Herausgegeben von Konrad Kunze und Damaris Nübling. Band 1. Graphematik/Phonologie der Familiennamen. I: Vokalismus von Christian Bochenek und Kathrin Dräger. Berlin/New York 2009. Deutsches Wörterbuch. Von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bände. Leipzig 1854–1960. Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. 3 Bände. Leipzig 1872–1878. Nachdruck Stuttgart 1970. Luxemburger Wörterbuch. Herausgegeben von der Wörterbuchkommission. 5 Bände. Luxemburg 1950–1975. Ergänzungsband 1977. Müller, Nikolas: Die Familien-Namen des Grossherzogthums Luxemburg. Luxemburg 1887.Luxemburgischer Familiennamenatlas (LFA) Deutsches Wörterbuch. Von Jacob und Wilhelm Grimm |