Mittelalterl. Hospitäler
Mittelalterliche Hospitäler (von 600 bis 1500)
Michel Pauly (2007)
Quellen | Links |
Im Raum zwischen Rhein und Maas, Aachen und Basel gab es zwischen 600 und 1500 insgesamt, wenn auch nicht gleichzeitig 528 verschiedene Hospitäler, also Herbergen für Reisende und Pilger, Armenhospize, Krankenhäuser, Entbindungsanstalten, Waisenheime, Pflegeheime für alte Menschen, Seniorenheime für reiche Pfründner u. ä.
Die Karte fasst die Ergebnisse der Habilitationsschrift des Autors über „Hospitäler zwischen Maas und Rhein im Mittelalter. Typologische, topographische, funktionale und spirituelle Aspekte“ zusammen1 . Als Hospital gilt jede Institution, die ursprünglich verschiedene Arten von Schwachen in einem dazu eingerichteten Gebäude aufnimmt und pflegt. Je nach Art der aufgenommenen Pflegebedürftigen und nach Dauer der Pflege, aber auch nach Trägerinstitution und Standort sind mehrere Typen von Hospitälern zu unterscheiden. Mit Ausnahme der Leprosorien, die auf einer eigenen Karte behandelt werden, wurden für die vorliegende Karte alle Typen erfasst: Herbergen für Reisende und Pilger, Armenhospize, Krankenhäuser, Entbindungsanstalten, Waisenheime, Pflegeheime für alte Menschen, Seniorenheime für reiche Pfründner u. a. m. |
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http://geow.uni.lu/index.php/de/articles/ge57/mi74?id=670&task=view#sigProIda8d42cf58d Die Zeichnung der Neumünsterabtei zeigt längs des Flusses einen Anbau an das Kirchenschiff, in dem man das ehemalige St. Johann-Hospital in Luxemburg-Grund zu erkennen glaubt. Quelle: Antoine Stevens (vor 1602) |
Die Karte bietet vorrangig eine Antwort auf die Frage: Wann und wo entstanden Hospitäler? (räumlich-zeitliche Verteilung). Da der gesamte, auf der Karte dargestellte Untersuchungsraum 75 625 km2 groß ist, entspricht die Gesamtzahl von 528 Hospitälern in 357 Orten einer Dichte von einem Hospital auf 143,2 km2 oder 0,7 Hospitälern pro 100 km2. Das größte Hospitälerangebot lässt sich mit 70 Anstalten an der mittleren Maas feststellen, wo die Dichte 1,4 pro 100 km2 betrug. Im Elsass lag die Dichte mit 89 Hospitälern bei 1,3. Am Mittelrhein standen 86 Hospitäler, was einer Dichte von 1,15 pro 100 km2 entspricht. Zentrallothringen wies dagegen nur eine Dichte von knapp 0,8 Hospitälern pro 100 km2 auf, trotz der drei Bischofsstädte Metz, Toul und Verdun und der beiden Residenzstädte Bar-le-Duc und Nancy. Hospitalleere bzw. -arme Räume waren in der Hauptsache die bewaldeten Mittelgebirgszonen der Ardennen, der Eifel, des Hunsrück, der Westpfalz und des Taunus. Diese Gegenden waren nicht nur städtearm, sondern es führten offenbar auch nur wenige Verkehrswege hindurch, die den Unterhalt einer Herberge erfordert hätten. Trotz etlicher Elendenherbergen an Pässen und Auffahrtsstraßen müssen auch die Vogesen als eher schwach mit Hospitälern ausgestattet gelten. Doch selbst in schwach besiedelten Gegenden gab es Hospitäler. Sie wurden z. T. sogar bewusst dort gebaut, um Reisende zu beherbergen. |
Verdichtungen sind entlang der großen Flüsse zu erkennen, wobei zu beachten ist, dass nicht der Fluss selbst Verkehrsweg sein musste, sondern das Tal günstige Bedingungen für den Straßenverlauf oder die Überquerung eines Flusses bieten konnte. Der Vorrang der Straße lässt sich deutlich im oberen Rheintal beobachten. Das an Kleinstädten reiche Elsass kannte die höchste Hospitälerdichte unseres Untersuchungsraumes und zwar hauptsächlich in den Orten am Fuß der Vogesen. Am Oberrhein selbst, der ein breites, noch wechselndes Bett hatte, gab es südlich von Straßburg weder große Städte noch Hospitäler. Die quantitative und raumbezogene Analyse verdeutlicht in erster Linie die Engmaschigkeit des Hospitälernetzes, sobald man nicht, wie bisher allzu häufig geschehen, nur die Bischofs- und andere Großstädte in die Untersuchung einbezieht. Die Ergebnisse unterstreichen die bedeutende Rolle von Hospitälern in Kleinstädten und Dörfern, zum Teil sogar ohne Siedlungsanbindung, für die Verkehrsinfrastruktur. Nichtsdestoweniger waren auch im Untersuchungsraum die innerhalb oder im direkten Umland von Städten gelegenen Hospitäler eindeutig zahlreicher. Dadurch unterscheiden sich Hospitallandschaften wie jene des Rhein-Maas-Raums von solchen in Gebirgsgegenden, wo isolierte Hospitäler am Straßenrand, z. B. an Pässen, relativ häufiger begegnen. |
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Nikolausstift Bernkastel-Kues http://geow.uni.lu/index.php/de/articles/ge57/mi74?id=670&task=view#sigProIda6b3e79e91 Quellen: G. F. Junk 2006; F. Hegi nach K. Bodmer 1831 |
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Historische Ansicht des Aremberges mit Hospital http://geow.uni.lu/index.php/de/articles/ge57/mi74?id=670&task=view#sigProId58539fbb55 Quelle: P. Hannick und J.-M. Duvosquel 1996: La Carte d'Arenberg de la terre et prévôté de Neufchâteau en 1609 |
Das Hospital verstärkte zweifellos die Zentralität einer Stadt, aber es war nicht unbedingt städtisch. Seine Entstehung ist eher dem Verkehrsnetz als dem Städtenetz zuzuschreiben, auch wenn die Städte nicht ohne Hospitalinfrastruktur auskamen. Insofern sind zwei Grundtypen von Hospitälern zu unterscheiden: die Pilger- oder Elendenherberge, die keine Zentralfunktion für das Umland ausübte und daher nicht an die Stadt gebunden war, auch nicht siedlungsfördernd wirkte, und das Bürgerhospital, das mit zentralen Funktionen im Bereich der Armen- und Krankenpflege bzw. der Altersversorgung typisch städtisch war und auch Nicht-Bürger anzog. Dass es auch Übergänge zwischen beiden Typen und eine Reihe von Mischtypen gab, braucht nicht eigens erläutert zu werden.
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Erschienen u. d. T. „Peregrinorum, pauperum ac aliorum transeuntium receptaculum. Hospitäler zwischen Maas und Rhein im Mittelalter“ als Beiheft 190 der VSWG (Stuttgart 2007).
Hist. Seminar, Joh.-Gutenberg-Universität Mainz, Tagungsbericht 2007: Wege zum Heil. Pilger und heilige Orte an Mosel und Rhein