Militärtourismus
Militärtourismus
Florian Wöltering
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Brutale, kriegerische Auseinandersetzungen, daraus resultierende Grenzverlagerungen und wechselnden Staatszugehörigkeiten prägen die gemeinsame Geschichte der Großregion. Sie begannen bereits mit der Teilung des Frankenreichs unter den Nachfahren Karls des Großen und setzten sich bis in das 20. Jahrhundert fort. Insbesondere Kriegsschauplätze der letzten beiden Jahrhunderte, von den Napoleonischen Kriegen bis zum Zweiten Weltkrieg, haben in der Großregion ihre Spuren hinterlassen bzw. sind als solche noch erkennbar. Angetrieben durch das ständige Bedrohungsgefühl vor den Nachbarn wurden im Laufe der Zeit verschiedenste Befestigungsanlagen errichtet, deren Relikte heute noch die Landschaft prägen. Dazu zählen die Festungsstädte der Frühen Neuzeit wie Bitche oder die Großfestungen des 19. Jahrhunderts und die für das 20. Jahrhundert typischen Territorialfestungen wie die Maginot-Linie und Westwall. |
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Waterloo, Löwenhügelhttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/to116/tu195/militourismus-mainmenu-368#sigProId8304585ae7 Foto: J.-P. Remy © Office de Promotion du Tourisme de Wallonie et de Bruxelles |
Für den Tourismus waren solche Orte bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts von Interesse. Das Schlachtfeld von Waterloo südlich von Brüssel, an dem eine Allianz aus britischen, preußischen und niederländischen Truppen Napoleon seine letzte Niederlage verpasste, erfreute sich schon in den 1830er Jahren großer Beliebtheit, insbesondere bei Touristen aus dem Vereinigten Königreich. Auch heute noch ist dieser Ort ein wichtiger touristischer Anlaufpunkt für Touristen. Am Originalschauplatz findet alljährlich im Juni eine Nachstellung der Schlacht statt, daneben liegt gleich das Wellington Museum, das weitere Informationen und Dokumente zum Ablauf der Gefechte bereit hält. Doch nicht nur an diesem Schlachtfeld entwickelte sich kurz nach dem Ende der Kampfhandlungen eine touristische Aktivität. Ähnliches lässt sich auch an den Schlachtfeldern des Deutsch-Französischen Kriegs und insbesondere des Ersten und Zweiten Weltkriegs beobachten. |
Heute sind sowohl die Schlachtfelder und Friedhöfe als auch die kriegsbaulichen Relikte touristische Anziehungspunkte. In ihrem Umfeld widmen sich Museen, Denkmäler und Gedenkstätten diesem Thema. Sie lassen sich in verschiedene militärtouristische Verdichtungsräume aufteilen. Der wichtigste unter ihnen ist zweifelsfrei Verdun. Die Rolle der Stadt während des Ersten Weltkrieges und ihre dazugehörigen "Attraktionen", u. a. drei Großfestungsanlagen, sorgten 2007 für nahezu 700 000 Besucher in den verschiedenen Anlagen und Ausstellungen der Stadt. Neben Verdun befinden sich entlang der deutsch-französischen Grenze verschiedenen Anlagen der Maginotlinie und des saarländischen Teil des Westwalls. Während die Relikte auf der deutschen Seite nur von geringem touristischem Wert sind, erreichten die Anlagen der Maginotlinie 2007 zusammen etwa 100 000 Besucher. Die größte Nachfrage herrscht dabei in den drei "Ouvrages" Simserhof, Hackenberg und Fermont. |
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Werk Hackenberg , Maginot-Liniehttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/to116/tu195/militourismus-mainmenu-368#sigProIdeb11027256 |
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Festung Eben Emael, Liège, Eingangsbereichhttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/to116/tu195/militourismus-mainmenu-368#sigProIdc3e3cf0844 Foto: F. Wöltering |
Eine dritte Ansammlung festungsbaulicher Relikte findet sich in der Umgebung von Liège. Hier liegen die 16 Forts des Festungsrings Liège, die längst nicht alle touristisch erschlossen sind und stark begrenzte Öffnungszeiten haben. Das Fort Eben-Emael bildet unter ihnen eine Ausnahme. Es verbuchte im Jahr 2008 rund 20 000 Besucher und wird im laufenden Jahr durch den Film "De Smaak van De Keyser" einen prognostizierten Andrang von 40 000 Besuchern erreichen. Einen vierten Anlaufpunkt bilden die Museen zum Thema der Ardennenschlacht und die Bunker des Westwalls entlang der Grenze zu Luxemburg und Belgien in den Ardennen und der Eifel. Die meisten der Museen sind in der Association des Musées de la Bataille des Ardennes (AMBA) organisiert. Der Vorsitzende der AMBA schätzt die Besucherzahl aller Museen der AMBA für das Jahr 2008 auf etwa 160 000, wovon ca. die Hälfte der Besucher Bastogne ansteuert und 26 000 Diekirch besuchen. |
In den Randlagen der Ardennen finden sich zudem einige Soldatenfriedhöfe, von denen insbesondere die US-amerikanischen Ruhestätten hohe Besucherzahlen generieren. Solche Friedhöfe finden sich auch fernab der Ardennen in Lothringen. Zuletzt sind auch noch einige frühneuzeitlichen Anlagen dieser Tourismusform zuzurechnen und hier zu benennen, auch wenn ihre militärische Relevanz weit in der Vergangenheit liegt. Zu den bestbesuchten unter ihnen zählen die Zitadellen in Bitche und Montmédy sowie die Festung von Luxemburg. Auch Longwy, Saarlouis, Homburg und Marsal sorgen als freizugängliche Bauwerke für eine Attraktivitätssteigerung der Orte. |
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US-amerikanischer Soldatenfriedhof, Luxemburghttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/to116/tu195/militourismus-mainmenu-368#sigProId830414168e Foto: F. Wöltering |
Brandt, Susanne 2003: Reklamefahrten zur Hölle oder Pilgerreisen? Schlachtfeldtourismus zur Westfront von 1918 bis heute. In: Tourismus Journal, Jg. 7, H. 1, S. 107–124. CRT Lorraine 2008: La fréquentation des principaux sites touristiques en Lorraine. Reichert, Anja 2005: Kulturgut, das der Krieg erschuf. Das bauliche Erbe der Befestigungs- und Verteidigungssysteme im SaarLorLux-Raum vom 16. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg. Möglichkeiten und Probleme seiner Inwertsetzung unter besonderer Berücksichtigung freizeit- und tourismusorientierter Nutzungsformen. Trier. Seaton, A. V. 1999: War and Thanatourism. Waterloo 1815-1914. In: Annals of Tourism Research, Jg. 26, H. 1, S. 130–158. Association des Musées de la Bataille des Ardennes CRT Lorraine 2008: La fréquentation des principaux sites touristiques en Lorraine Reichert, Anja 2005: Kulturgut, das der Krieg erschuf. Das bauliche Erbe der Befestigungs- und Verteidigungssysteme im SaarLorLux-Raum vom 16. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg |