Belfriede
Belfriede in Belgien und Frankreich
Eva Mendgen
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Belfried von Tournaihttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/ge62/we504/be509#sigProIdccd9d1ca11 Foto: © die argelola |
Zu den Hauptsehenswürdigkeiten der wallonischen Städte Tournai, Mons, Namur, Binche, Thuin, Charleroi und Gembloux gehören die für das Stadtbild charakteristischen „Belfriede“, monumentale, frei stehende, rechteckige Uhren- und Glockentürme mit ihren drei Etagen, aus dem für die Region typischen Sandstein bzw. Granit im Wechsel mit Backstein mit mehr oder weniger starken Anklängen an den gotischen Baustil errichtet („traditioneller Stil“). Die meisten der Belfriede, die vor allem in Flandern und Nordfrankreich, in geringerer Zahl auch in der Nordwesthälfte Walloniens bis nach Namur verbreitet sind, entstanden in der Epoche der Gotik (1140-1500); sie zählen zu den bedeutendsten mittelalterlichen Profanbauten. Die wallonischen Belfriede stammen aus verschiedenen Erbauungszeiten, sie stehen für Kontinuität und Präsenz der Geschichte, sie sind Meisterwerke städtischer Baukunst: Der Baubeginn der Belfriede von Tournai und Gembloux datiert ins 12. Jahrhundert, die Belfriede von Binche und Namur ins 14., Mons und Thuin ins 17. und Charleroi schließlich entstand erst im 20. Jh. (1936). |
Nachdem 1999 zunächst 32 Belfriede aus Flandern und Wallonien zum Welterbe ernannt worden waren, erweiterte die UNESCO im Jahr 2005 den Eintrag um 23 weitere Belfriede in den nordfranzösischen Regionen Nord-Pas-de-Calais und Picardie sowie um den Belfried im wallonischen Gembloux als 33. belgischen. So umfasst das Ensemble jetzt insgesamt 56 Glockentürme im westlichen Belgien sowie in Nordfrankreich. Dieses Gebiet repräsentiert eine ältere geopolitische Einheit, nämlich die ursprünglich zwischen Somme, Maas, Mosel und Rhein angesiedelten „historischen Niederlande“. Im belgischen Südwesten gibt es keine Belfriede. Dieses Gebiet gehörte im Ancien Régime zu geistlichen Herrschaften, dem Fürstbistum Lüttich und der Fürstabtei Stablo-Malmedy, in denen anstelle der Belfriede Perrons als Symbole der kommunalen Unabhängigkeit errichtet wurden. Die Belfriede, die meist neben dem Rathaus, manchmal auch in es integriert errichtet wurden, sind ein Symbol für die Unabhängigkeit des Bürgertums von Kirche und Krone, sie dienten als Wachtürme, aber auch als Lager für die kostbaren Waren der Kaufleute. In den Kellergewölben befand sich das Gefängnis, im ersten Geschoß der große Versammlungsraum für die Zusammenkünfte des Stadtrats und oben die Glocken, die die Zeit angaben, aber auch zu Festen und bei Gefahr geläutet wurden. Ab Mitte des 17. Jh. entstanden vielteilige, kunstfertige Glockenspiele (carillon) als ein Ausdruck des Reichtums der Städte. |
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Belfried von Gemblouxhttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/ge62/we504/be509#sigProIda646c2f3c2 Foto: cc Jean-Pol Grandmont |
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Belfriede in Belgien und Nordfrankreichhttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/ge62/we504/be509#sigProId09e0ffabca Quelle: cc Phlegmatic |
Tournai Auch heute noch ist das mit 43 Glocken unterschiedlichster Größe und Tonlage ausgerüstete Glockenspiel des gewaltigen, 72 Meter hohen, viereckigen romanischen Turmes weithin vernehmbar. Der Turm ist für die Öffentlichkeit zugänglich, von oben blickt man auf die benachbarte Kathedrale und hat einen spektakulären Blick auf die Stadt- und die umgebende Industrielandschaft. Gembloux Profaniert wurde der Turm erst 1810, um seine jetzige Aufgabe als städtischer Uhren- und Glockenturm - „Beffroi communal“ - zu erfüllen. Mehrere Brände, der letzte 1905, führten zu seinem heutigen Erscheinungsbild. |
Binche Das Glockengestühl wurde vom Architekten Marias von Ungarn, seit 1531 Statthalterin der Spanischen Niederlande, Jacques du Broeucq aus Mons, nach einem Brand um 1572 wieder aufgebaut. 1735/1736 erhielt die Fassade ein Stuckdekor durch den Architekten Benoît Dewez im Stil Louis XVI. Im 19. Jahrhundert schließlich stellte sich die Frage nach Abbruch oder Restaurierung - letztere erfolgte 1896-1899 durch Pierre Langerock. Dabei wurde das Stuckdekor von Dewez entfernt, darunter erschien die alte Mauer mit den Initialen von Karl V. und Maria von Ungarn. |
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Belfried von Thuinhttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/ge62/we504/be509#sigProIdebf395e5f1 Foto: cc Catilinus |
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Belfried von Namurhttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/ge62/we504/be509#sigProId6940c82199 Foto: © die argelola |
Thuin Mons Die Fassade wurde aus Granit und Sandstein gemauert. Während der Belagerung durch die Truppen Ludwigs XIV diente der 87 Meter hohe Turm erstmals als Wachturm. |
Namur Charleroi Als ein Symbol für die Kontinuität der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Region sollte er die mittelalterliche Tradition der Glockentürme wiederbeleben und gleichzeitig den Bedürfnissen der Administration der modernen Industriestadt Charleroi genügen. Der Belfried wurde über einem Bergbaugebiet errichtet und musste statisch gesichert werden. |
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Belfried von Charleroihttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/ge62/we504/be509#sigProId781b96abe8 Foto: © die argelola |
Belgisches Verkehrsamt 2000: Belfriede in Belgien, Special Februar 2000
Cox, P. 2005: Gembloux, délimitation de la zone tampon et mesures de protection du beffroi communal, dans Les Cahiers de l’Urbanisme, n° 57
Le Patrimoine monumental de la Belgique. Arrondissement de Namur, XX/1, éd. Mardaga, XXXX
Plumier, J., O. Berckmans et S. Plumier-Torfs 2005: Histoire et archéologie du beffroi de Gembloux, dans Les Cahiers de l’Urbanisme, n° 57
Welterbe-Liste der UNESCO: Belfries of Belgium and France
Région Wallonie: Le patrimoine mondial