Lothringen
Das Brauwesen in Lothringen
Juliano de Assis Mendonça
Quellen | Links |
Die lothringische Brautradition reicht bis in die gallorömische Siedlungszeit zurück wie Grabstelen mit Brauszenen aus der Umgebung von Toul und mit einem Bildnis des keltischen Biergottes Sucellus aus der Umgebung von Sarrebourg aus dem 3. Jh. n. Chr. zeigen. Der Übergang von der Spätantike zum fränkischen Reich dürfte im Bereich des Brauwesens kaum Kontinuitätsbrüche nach sich gezogen haben: 771 n. Chr. ist in den Annalen des Klosters Gorze eine „camba“, eine Braukammer gallorömischen Typs, belegt. Bereits an der Wende zum 7. Jh. trat dann mit dem Metzer Bischof Arnulf der Schutzpatron der europäischen Brauereikultur in Erscheinung. Die Hagiographie schreibt ihm eine Massenheilung durch Segnung eines Bierkessels und eine wundersame Biervermehrung bei Überführung seiner Gebeine zu. Die erste schriftliche Erwähnung lothringischen Bieres stammt aus einer von Bischof Chrodegang von Metz (742-767) erlassenen Klosterregel. |
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Städtische Brauergilden sind in Lothringen ab dem 12. Jh. bezeugt, auch wenn das Gewerbe dort nie den gleichen Stellenwert wie im Rheinland und Wallonien erreichte. Die dominanten Herstellungsformen blieben in vorindustrieller Zeit das ländliche Nebengewerbe und die Klosterbrauerei. Die letztere verband dabei ab dem 16. Jh. ein enges Verhältnis mit den lothringischen Herzögen, denn die Franziskanerklöster in und um Nancy lieferten ihr Bier als begehrtes Getränk für die fürstliche Tafel und erhielten im Gegenzug großzügige Sach- und Geldspenden. |
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Brasserie Comète, Chalons-sur-Marne, 1882-1986http://geow.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/br962/lo1089#sigProIde3287c37a5 Quelle: Brasseriesdemoselle |
Im Metzer Umland entstanden im 18. Jh. größere Brauereibetriebe, neben der Benediktinerabtei in Dieulouard unter anderem auch in Beaurégard und in den Herrschaften von la Grange bei Thionville und Gantoi bei Metz. Wie in anderen Regionen wurde auch in Lothringen die Verarbeitung der Grundnahrungsmittel Weizen, Gerste und Roggen zu Bier bei Missernten untersagt, so geschehen durch das Metzer Parlament 1753. Mit der Revolution entfielen Zunftzwänge, Brauereimonopole und zahlreiche Abgaben, die unmittelbare Folge dieser Gewerbefreiheit war eine Gründungswelle von Kleinbrauereien. Um 1800 besaß nahezu jeder Marktflecken Lothringens zwei oder drei Braustätten, doch von diesen behaupteten sich nur wenige dauerhaft und nach wenigen Jahren kam es zur starken Verminderung der Betriebszahlen. Die verbleibenden Brauereien mit etwa drei bis vier Beschäftigten blieben bis zur Mitte des 19. Jh. der traditionellen obergärigen Brauweise bei geringer Produktionsleistung von jeweils etwa 2 000 hl. Jahresproduktion verhaftet. Die Produktion erfolgte weiterhin in saisonaler Orientierung am bäuerlichen Erntezyklus. |
Eine grundlegende Änderung des Braugewerbes trat erst nach Einführung der untergärigen Brauweise um die Mitte des 19. Jh. ein: In Lothringen übernahm die Brauerei Novatrice aus Tantonville 1850 die neue Methode aus Deutschland, wo zum damaligen Zeitpunkt viele lothringische Brauer ihre Ausbildung erhalten hatten. Ebenfalls in Tantonville gingen auch die Brüder Jules und Victor Tourtel 1852 zur untergärigen Bierproduktion über und errichteten große, mit Natureis gekühlte Keller. Die Umstellung des Brauverfahrens ging mit einer Vergrößerung und Modernisierung der Produktionsanlagen einher und führte zu einem Konzentrationsprozess in der Branche bei zugleich steigender Produktion. Die nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 erfolgte Gebietsabtretung jenes Teils von Lothringen, der im wesentlichen dem Departement Moselle entsprach, führte zu einer unterschiedlichen Entwicklung beider Landesteile: |
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Brasserie Bavaroise, rue du Pont, Saint Marcel, Metz, 1858-1905http://geow.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/br962/lo1089#sigProIdd8dbc84e28 Quelle: Brasseriesdemoselle |
Auch nach den Anfängen untergäriger Bierherstellung in Tantonville entwickelte sich Meurthe-et-Moselle zu einem Zentrum der französischen Brauereiindustrie und bereits 1870 wurden hier 270 000 hl jährlich produziert. Es entstanden moderne Betriebe u. a. in Vézelise, Gerbéviller, Briey, Einville, Toul, Jarny, Pont-à-Mousson, Longwy, Lunéville, Cirey, Bayon, Badonviller und Baccarat. Vor allem aber wurde neben Tantonville das Umland von Nancy mit den Städten Champigneulles, Maxéville und Saint-Nicolas-de-Port zur Heimat national bedeutender Großbrauereien, einschließlich angeschlossener Gewerbezweige wie Mälzereien, Kesselwerkstätten, Böttchereien und Hopfenhandlungen. Viele Beschäftigte dieser Branchen waren elsässische Optanten, die nach 1871 übersiedelten. |
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Brasserie du Dauphin, Sarrebourg, 1820-1970http://geow.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/br962/lo1089#sigProId043bed2c89 Quelle: Brasseriesdemoselle |
Die Betriebe in Meurthe-et-Moselle wurden darüber hinaus zu bedeutenden Innovationszentren: Louis Pasteur betrieb in Tantonville einen Teil seiner Studien zu den mikrobiologischen Grundlagen von Gärprozessen, die durch sein Grundlagenwerk "Études sur la bière" seit 1876 rezipiert wurden. In der 1869 gegründeten Brauerei Viennoise in Maxéville entwickelte Galland mit der Mälzereitrommel eine Grundlage industrieller Mälzereibetriebe. Bis ins späte 19. Jh. sorgten im Departement Vosges zahlreiche, in bewaldeten Tälern der Vologne, der Moselotte und der Meurthe gelegene Gemeinden mit Textilfabriken einerseits zur einer Versorgung mit Brennholz und proletarischer Kundschaft, andererseits zur engen räumlichen Begrenzung des Absatzmarktes der einzelnen Brauereien. Den Kundenstamm ergänzten nach 1871 die an der neuen Grenze stationierten Garnisonen. |
Etwa ab 1870 entwickelten sich Brauereibetriebe mit überlokalen Absatzmärkten in Bruyères, Dommartin-lès-Remiremont, Fontenoy-le-Château, Neufchâteau, Senones, Val-d'Ajol und Ville-sur-Illon, deren Verkäufe sich allerdings immer noch weitgehend auf das Departement beschränkten. Den Brauereien Charmes, Vittel und Xertigny gelang durch Bahntransporte eine Expansion weit über das lokale Umfeld hinaus, z. T. bis nach Paris und in die Kolonien. Die drei Betriebe waren verantwortlich, dass etwa 50% der Bierproduktion außerhalb des Departements konsumiert wurde. |
Nach 1900 kam es im Departement Vogesen zur Vergrößerung, Modernisierung oder völligen Neuerrichtung einiger Großbetriebe insbesondere der Brauereien Charmes, Ville-sur-Illon, Xertigny, Dommartin-les-Remiremont und Val-d'Ajol. In Zusammenwirken mit einer Absatzkrise 1908-09 führte dieser Konzentrationstrend zur Schließung verbliebener Kleinbrauereien. Im Departement Meuse entwickelte sich das Braugewerbe lokal sehr unterschiedlich: Kleine, ländliche Brauereien, die etwa jährlich jeweils 1 500-5 000 hl obergäriges Bier handwerklich produzierten, bestanden im Norden fort und konnten sich in der Gegend von Stenay bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs behaupten. In Stenay wurde zudem ab 1894 auch ein großer Teil des im Departement verbrauchten Malzes hergestellt. Im Rest des Departements hingegen entstanden mittlere und große Brauereien mit industriellen Anlagen. Erstmals stellte hier die Brauerei von Chauvency seit 1865 ein untergäriges Bier nach bayerischem Vorbild her. In Bar-le-Duc gründeten sich zwei Unternehmen nationalen Ranges, die Grande Brasserie de la Meuse und die Grande Brasserie de la Croix-de-Lorraine. |
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Brasserie Pagny-sur-Mosellehttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/br962/lo1089#sigProId7b5cc164f0 Quelle: Hist. Postkarte |
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Brasserie Gangloff, Besançonhttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/br962/lo1089#sigProId6db49ac131 Quelle: Brasseriesdemoselle |
1892 gründeten die Brauer Nancys die "École nationale supérieure de brasserie de Nancy" mit eigenen Mälzerei- und Brauereieinrichtungen. Die Schule wurde das wichtigste französische Ausbildungszentrum für Brauereiingenieure. In Nancy gründete sich 1907 das "Syndicat des Brasseurs de l'Est", dem sukzessive die Brauereien fast aller „Départements de l'Est“ beitraten, es fehlten lediglich die Brauereien aus Alsace, Moselle und Ardennes. Das Syndicat bildete in den Departements finanzielle Unterverbünde und vertrat die gemeinsamen Brancheninteressen. Um 1900 existierten im französischen Teil Lothringens mindestens 93 Brauereien, die jährliche Produktionsleistung der Region dürfte wohl deutlich über 600 000 hl. gelegen haben. |
Unmittelbar vor der deutschen Annektion hatten die Brauereien im Departement Moselle mit einem jährlichen Volumen von etwa 90 000 hl überwiegend für den lokalen Bedarf produziert, weshalb sie der Verlust französischer Absatzmärkte nicht allzu schwer traf. Das Braugewerbe des neuen Bezirks wurde dennoch vor erhebliche Probleme gestellt, da die deutsche Konkurrenz in Folge der Gründerkrise mit ihren produktiven Überkapazitäten auf den reichsländischen Markt drängte. |
Dies führte zwischen 1874 und 1886 zum einem Produktionsrückgang der Brauereien im Bezirk Lothringen um bis zu 45%, während gleichzeitig etwa 1/3 des ebendort konsumierten Bieres aus anderen deutschen Staaten stammte. Trotz einer weitgehenden Beschränkung auf den Regionalmarkt und innerdeutscher Konkurrenz gelang es der Brauereiindustrie im Distrikt Lothringen ihre anfängliche Krise unter deutscher Herrschaft zu überwinden, 1900 war die zweieinhalbfache Produktion von 1870 erreicht. Zwar bestanden kleine ländliche Brauereien und in Metz die Verbindung von Brauerei und Gaststätte bis zu Beginn des 20. Jh. fort, vor dem Hintergrund der kapitalaufwändigen technischen Entwicklung gewann der Trend zur betrieblichen Konzentration seit 1871 aber zunehmend an Dynamik. Charakteristisch für die neuen Großbetriebe war ihre Beschaffung von Betriebskapital durch Ausgabe von Aktien: |
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Brasserie Tourtel, Tantonville, 1832 bis heutehttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/br962/lo1089#sigProIddfe25fa665 Quelle: Hist. Postkarte |
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Brasserie Amos, Metz, 1868-1992http://geow.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/br962/lo1089#sigProIde3c65ee04d Quelle: Brasseriesdemoselle |
Neben der 1868 noch unter französischer Herrschaft gegründeten Großbrauerei Amos wurde 1888 in Metz die "Lothringer Brauerei" als deutsch-französisches Unternehmen gegründet. August Schirber aus Landstuhl und Albert Schirber aus Héming vereinten ihre Betriebe 1903 zur "Bayerischen Unionsbrauerei Landstuhl und Metz" mit Hauptsitz in Metz, die nach dem 1. Weltkrieg in "Brasserie de l'Union" umbenannt wurde. Die große Zahl zugezogener deutscher Beamter und Studenten erweiterte den Kundenstamm der Metzer Brauereien. Deutsches Kapital erlaubte auch die Gründung weiterer Großbrauereien außerhalb von Metz (z. B. Jarny, Uckange, Basse-Yutz, Thionville, Fontoy, Boulay und Saint-Avold), die sich insbesondere in der Nähe von Hochöfen der prosperierenden Schwerindustrie und in Bergbaustädten bildeten. |
Neben der Industriearbeiterschaft bildeten auch die kopfstarken Garnisonen entlang der französischen Grenze dankbare Abnehmer lothringischen Bieres. Die jährliche Produktionsleistung der 77 Brauereien Deutsch-Lothringens war bis 1899 auf 149 000 hl gestiegen, bis 1913 stieg die Produktion weiter auf 289 000 hl an. Im französischen Landesteil wurden im gleichen Jahr 2 080 900 hl produziert. Die Brauereien beider lothringischer Landesteile litten im Ersten Weltkrieg erheblich unter Verknappung notwendiger Rohstoffe, insbesondere des Braumalzes, da Gerste in der Kriegswirtschaft dringend als Fourage benötigt wurde. Im französischen Westteil Lothringens etwa konnten die Brauer 1915 nur 60% der Gerste der Vorkriegszeit, 1916 nur noch 48% nutzen. |
1917 wurde die deutsche Bierproduktion auf 15% der Vorkriegszeit festgesetzt, allein 6% dieses Vorkriegsvolumens gingen an die Armee. Der Nachfrage bei verknappter Produktion konnte nur bedingt mit Preiserhöhungen begegnet werden, da diese selten von staatlicher Seite Zustimmung fanden. Als Folge sank die Qualität des Bieres. Letztlich zog der Krieg die Schließung v. a. jener Kleinbrauereien nach sich, die dem Druck der Industrialisierung bislang standgehalten hatten. Im Norden des Departements Meurthe-et-Moselle lagen einige Brauereien in der Frontzone und wurden durch Kampfhandlungen verwüstet (z. B. in Badonviller und die Brauerei Greff bei Nancy), viele Produktionsanlagen wurden zudem von der Besatzungsmacht demontiert. |
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Brasserie Ensel, Uckange, 1868-1936http://geow.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/br962/lo1089#sigProId2a0f7b5dcf Quelle: Brasseriesdemoselle |
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Brasserie Mayer, St. Avold, Frédéric und Hippolyte Mayerhttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/br962/lo1089#sigProId4a10b3a5bf Quelle: Brasseriesdemoselle |
Die Brauereien des wieder ins französische Mutterland eingegliederten Departement Moselle waren zwar nicht vom Krieg zerstört, doch das Schicksal der Einzelbetriebe war nach 1918 davon abhängig, ob die Mehrheit der Besitzer alteingesessene Lothringer oder Zuwanderer aus dem Deutschen Reich waren bzw. wie lange der Betrieb existierte. Die Brauerei Amos in Metz wurde beispielsweise nahtlos in eine französische Gesellschaft umgewandelt, die Brauerei Lauvallière stellte man zunächst unter den Sequester und die Lothringer Brauerei (nun: Brasserie Lorraine) wurde zwangsverkauft. Die Brauer des Departement Moselle passten sich der veränderten nationalen Situation an, indem sie dem „Syndicat des Brasseurs de l'Est" beitraten und ihren Verbund mit den Elsässer Brauern aufgaben. Diese wurden nach 1918 zu scharfen Konkurrenten der Brauer des wiedervereinigten Lothringen. |
Das Braugewerbe der Region erholte sich nie völlig vom wirtschaftlichen Ausnahmezustand des Ersten Weltkriegs, der Wiederaufnahme friedenswirtschaftlicher Produktion standen häufig finanzielle Engpässe entgegen. Die lothringische Bierproduktion sank zwischen 1924 und 1927 von 2 726 750 auf 2 422 600hl. Die Weltwirtschaftskrise trug zur zusätzlichen Verschärfung einer ohnehin angespannten Lage bei. Mögliche Optionen zu ihrer Behebung waren eine Diversifikation des Sortiments durch zusätzliche Produktion von Sodas und Limonaden und der Zusammenschluss mehrerer Betriebe zu Großbrauereien. |
Auch der Interessensverband des „Syndicat des Brasseurs de l'Est" verzeichnete in der Zwischenkriegszeit den Höhepunkt seiner Bedeutung. Trotzdem gelang es dem Syndikat nicht das massenhafte Brauereisterben aufzuhalten, von seinen vorübergehend 127 Mitgliedern existierten 1939 nur noch 29. Im Zweiten Weltkrieg hatte das Brauereigewerbe mit erneuter Verknappung der Rohstoffe zu kämpfen, zusätzlich genehmigten die deutschen Besatzer aus Rationierungsgründen nur die Herstellung schwach alkoholischer Biere und schlossen zahlreiche Betriebe. Die Branche litt unter großem Personalmangel, der nur begrenzt durch Einsatz weiblicher Arbeitskräfte ausgeglichen werden konnte, da diese keine höher qualifizierten Tätigkeiten verrichten konnten. |
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Brasserie de Lorraine, Metz Devant-les-Ponts, 1888-1967http://geow.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/br962/lo1089#sigProIdabfc292c6a Quelle: Brasseriesdemoselle |
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Brauerei Diedenhofen (Thionville-Basse-Yutz), Blechschild aus der Frühzeit der Brauerei, coll. J. Sassihttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/br962/lo1089#sigProIda2c4397eae Quelle: Brasseriesdemoselle |
Selbst bei erfolgreicher kriegswirtschaftlicher Produktion bestand weiterhin das Problem der Belieferung der Kundschaft, da sowohl Fourage für Fuhrwerke, als auch Kraftstoff für Lastwagen kaum verfügbar waren. Das Brauereisterben setzte sich ungebrochen fort, wovon auch Großbrauereien wie in Maxéville und Tantonville nicht verschont blieben. Zahlreiche Brauereien nahmen nach 1945 ihren Betrieb nicht wieder auf, unter nur langsamer Erholung des Produktionsvolumens setzte sich der Niedergang des lothringische Brauereiindustrie in den 1950er und 1960er Jahren fort. Um 1970 bestanden nur noch zehn Brauereien in der Region, obwohl sich der nationale Bierkonsum seit Beginn der Nachkriegszeit verdoppelt hatte. Ein regionaler Grund war der Abzug der kopfstarken Garnisonen an der der deutsch-französischen Grenze. Hinzu kam die allgemeine Veränderung der Trinkgewohnheiten vom gastronomischen zum Heimkonsum. |
Die stärkere Nachfrage von Flaschen- und Dosenbier gegenüber der Fassabfüllung machte erhebliche Investitionen in entsprechende Abfüllungsanlagen notwendig. Das notwendige Kapital konnten viele Brauereien nicht aufbringen. Trotz vereinzelter überseeischer Vorstöße bis ins koloniale Nordafrika beschränkten sich die Absatzmärkte lothringischer Betriebe mehrheitlich auf die Region selbst und Teile des Elsaß, seltener auf den Pariser Großraum. Zur breiten Expansion auf überregionale Märkte wären ebenfalls hohe Investitionen zur Kapazitätsausweitung und technischen Modernisierungen notwendig gewesen, die noch in den 1950er Jahren übliche Fassabfüllung von nichtpasteurisiertem Bier erschwerte die Diffusion. |
Die Branche bemühte sich den neuen Herausforderungen durch Zusammenschlüsse anzupassen. So fusionierte die "groupe des Brasseries de la Meuse" mit der Brauerei Adelshoffen aus dem elsässischen Schiltigheim. Zusammen mit den "Grandes brasseries et malteries de Champigneulles" bildete dieser Verbund den Nukleus der 1966 gegründeten "Société européenne de brasseries" (SEB), dem größten europäischen Brauereiverbund seiner Zeit. Die SEB wurde bereits 1970 vom Lebensmittelkonzern Boussois-Souchon-Neuvesel (BSN) aufgekauft, die wiederum seit 1973 Teil der Danone-Gruppe ist. Solche überregionalen Zusammenschlüsse überwanden zwar das Problem eines chronischen Mangels an Investitionskapital, führten aber mittelfristig zur immer stärkeren Zentralisierung der Produktion und schoben damit letztlich die Schließung der meisten Betriebe nur auf. 1985 bestanden in Lothringen nur noch zwei Brauereien im Departement Meurthe-et-Moselle und zwei im Departement Moselle. |
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Brasserie Tourtel, Tantonville, 1832 bis heutehttp://geow.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/br962/lo1089#sigProId5f8ef00687 Quelle: Brasseriesdemoselle |
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Brasserie Champigneulles-Nancy, 1897 bis heute (TCB-Beverages) http://geow.uni.lu/index.php/de/articles/wi55/br962/lo1089#sigProId9d0fe72605 Quelle: Brasseriesdemoselle |
Die saarländische Karlsberg-Gruppe kaufte 1992 mit Amos die letzte aktive Brauerei in Metz auf. Seitdem besteht ihr Traditionsbier nur noch als Marke fort und wird von der französischen Firmentochter Karlsbräu in Saverne (Bas-Rhin) produziert. In Lothringen existiert heute nur noch eine einzige Stätte industrieller Bierherstellung: Die Brauerei von Champigneulles befindet sich nach dem Verkauf durch BSN 2006 im Besitz des Frankfurter Brauhauses (TCB-Gruppe, Frankfurt an der Oder). Parallel zum internationalen Konzentrationsprozess besteht seit den 1980er Jahren ein entgegengesetzter Trend zu rein lokal orientierter Mikrobrauerei, welcher in Lothringen bislang zu einem guten Dutzend Gründungsinitiativen von Kleinbetrieben führte. |
Die lange Tradition lothringischen Bieres erhält zudem eine angemessene Würdigung durch das „Musée Européenne de la Bière“ in Stenay (seit 1986), das „Musée français de la brasserie“ in Saint-Nicolas-de-Port (seit 1988) und das „Ecomusée Vosgien de la Brasserie“ in Ville-sur-Illon. Die Region leistet außerdem weiterhin einen bedeutsamen Beitrag zur wissenschaftlich-technologischen Ausbildung und Forschung im Brauwesen: Die Brauereischule von Nancy fusionierte 1970 mit der "École supérieure d'agronomie et des industries alimentaires de Nancy" (ENSAIA), zusätzlich besteht das "Institut francais des boissons de la brasserie-malterie" im Technologiezentrum Brabois in Nancy-Vandoevre. |
Boucher, Paul 1910: Das Braugewerbe in Elsaß-Lothringen, Erlangen
Colin, Jean-Claude 1992: La bière en Lorraine, Strasbourg
Jouffroy, Christian 1998: La Bière à Metz et en Moselle. Saint Arnoul patron des brasseurs, Woippy
Rabanes, P. & Ziller, G. 1980: La bière en images. Lorraine 1900-1950, Saint-Nicolas-de-Port
Trouillet, Jean-Georges & Albert, Francis 2008: Chemins de fer et brasseries en Alsace-Lorraine et au Grand-Duché de Luxembourg, o. O.
Voluer, Philippe 2008: Le grand livre de la bière en Lorraine. Deux mille ans de tradition et de savoir-faire. Les lieux, les hommes, les produits, Nancy