Koblenz-Siechhaustal
LE023 Koblenz-Siechhaustal
Koblenz/Siechhaustal |
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Koblenzer Leprosorium Siechhaustal. Die etwas links der Kartenmitte mit "Siechen" bezeichnete Einrichtung besteht aus einem stilisierten Gebäudeensemble. Das Leprosorium liegt am Rhein kurz vor der Ortschaft Capellen (heute Stolzenfels) gegenüber von Niederlahnstein an der Straße Koblenz-Bingen. Unweit des Leprosoriums ist eine Richtstätte verzeichnet.http://geow.uni.lu/index.php/de/articles/ge57/le205/ko209#sigProIdade0c6474b Quelle: Melters 1964, S. 5. |
Bezeichnung Topographische Lage Urkundliche Ersterwähnung Gebäude Falls ein Aussätziger in das Leprosorium eingewiesen wurde, bezog und reparierte er entweder ein leerstehendes Häuschen oder mußte sich, wenn alle besetzt waren, ein neues bauen, wenn er ausreichend begütert war auf eigene Kosten, anderenfalls trug die Stadt die Unkosten. 1554: Ein Kranker baute sich seine Hütte selbst; 1580: Johann Schmidt aus Moselweis errichtete sich ebenfalls selbst sein Häuschen, "dieweil er häbig und daselb wol thun kann"; 1584: Der Koblenzer Rat schenkte "den armen veltsiechen zu erpauung ihres häusleins uf ihr pitten uß barmherzigkeit" eine Tonne Kalk. 1680/81: Ein Visitationsprotokoll erwähnt einen Kirchhof neben der Leprosenkapelle auf dem sich einige steinerne Grabkreuze befanden. 1686: Nennung eines "Hauptsiechenhauses"; 1699: Erwähnung einer Siechhausmühle. |
Kapelle Seelsorge 1680/81: Eine Kirchenvisitation vermerkt zur Seelsorge, daß während des Jahres alle vierzehn Tage eine Messe in der Kapelle gelesen wurde; das Meßstipendium in Höhe von 12 Pfennigen "für jeden Gang" wurde vom Koblenzer Stadtrat gezahlt. Des weiteren wird erwähnt, daß ursprünglich der Pastor von Liebfrauen durch seine Kapläne die Messe lesen und die Seelsorge ausüben ließ; jetzt habe er jedoch den Pastor von St. Kastor mit dieser Aufgabe betraut. Es werden auch die in der Kapelle vorhandenen Meßutensilien genannt. Es handelte sich um einen Kelch aus Blei, eine Albe, zwei Meßgewänder, ein Meßbuch und Altartücher; ein silberner vergoldeter Kelch und einige weitere Meßgewänder wurden seit dem letzten Krieg in Koblenz aufbewahrt. Hinrichtungsstätte Insassen 1541: Bitte des Organisten Meister Heinrich um Aufnahme seines Sohnes "so mit dem Ußsatz von Gott dem allmechtigen begabt"; der Bitte wurde vom Stadtrat in Anbetracht seiner langen treuen Kirchendienste entsprochen. 1588: Ein Mann namens Hagelschmidt, der sich mit dem Aussatz infiziert hatte, zog zu seiner Tochter "auf den Berg" (die Leprosenkolonie zog sich in dem engen Tal am Berghang hinauf). Mehrfach sind Eheschließungen von Leprosen überliefert; einige Male mußten sie deshalb das Leprosorium verlassen. 1606: drei Plätze waren frei und unbesetzt; 1638: nur ein leprakranker Bewohner. Die Aufnahmegebühr ins Leprosorium wurde vom Rat festgesetzt und den finanziellen Möglichkeiten des Aussätzigen angepaßt. So baten die Koblenzer Karthäuser im Jahre 1547 um die Aufnahme eines kranken Ordensbruders ins Leprosorium; der Stadtrat stimmte diesem Antrag zwar zu, allerdings nur unter der Bedingung, daß sich das Kloster zur Reparatur verfallener Häuschen in der Kolonie verpflichtete. |
1583: Die Tochter eines Koblenzer Schiffers, die in Frankfurt am Aussatz erkrankt war, wurde mit der Begründung abgewiesen, sie solle dort für sich sorgen lassen, wo sie angesteckt worden sei; 13. Mai 1501: Schultheiß, Schöffen und Gemeine zu Niederlahnstein beurkunden, daß Bürgermeister und Rat der Stadt Koblenz ihrem Bürger Jürgen Pauwel aus Gunst und Freundschaft eine Wohnung "an der Bruckbach zu den guten Leuten" gegeben haben; 1547: Die Gemeinde Waldesch bat um die Aufnahme einer an Aussatz erkrankten Magd. Diesem Gesuch wurde von der Stadt stattgegeben; 1549: Aufnahme einer aussätzigen Frau aus Lahnstein gegen eine Gebühr von 20 Gulden; 1556: Ein Mann von der Lahn wurde gegen zwei Gulden jährliche Rente zur Aufnahme zugelassen; 1584: Ein Mann aus Oberlahnstein benötigte zur Zulassung ein Kapital von 24 Reichstalern; 1595: Ein Mann aus Kapellen mußte 40-50 Gulden Aufnahmegebühr entrichten. Es sind auch Belege für die Ablehnung von Aufnahmegesuchen erhalten. 1577: Das Gesuch des Hofmannes von Siebenborn bei Boppard wurde vom Koblenzer Rat abgewiesen, weil er für seinen aussätzigen Bruder anstelle der geforderten 50 Gulden nur 30 Gulden zahlen wollte; 1685: Ein Aussätziger aus dem Amt Münstermaifeld, der bereits im Kärlicher Leprosorium "zum guten Mann" untergebracht war, wollte gegen eine Zahlung von 40 Reichstalern in die Koblenzer Siechenkolonie aufgenommen werden. Der Stadtrat lehnte diesen Antrag ab, da das Leprosorium nur für die Stadt und die drei zugehörigen Dörfer erbaut worden sei. Ebenfalls abgewiesen wurde im Jahre 1553 das Aufnahmegesuch von Andreas Lebenstein aus Winningen. Der Rat erlaubte ihm lediglich, sich ein Häuschen "uf der Conden (im Condertal bei Koblenz) uf der Stadt Grund" zu bauen; er mußte dort also als Feldsieche leben. 1667/1668: Wegen einer großen Pestepidemie wurden die Aussätzigen nach Kärlich ins Leprosorium "Zum guten Mann" verlegt, um das Koblenzer Leprosorium zur Aufnahme von Pestkranken nutzen zu können. Nach dem Ende der Seuche kehrten die Aussätzigen wieder zurück. |
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Lepraschau.http://geow.uni.lu/index.php/de/articles/ge57/le205/ko209#sigProIdb812ae2bf4 Untersuchung eines Lepraverdächtigen durch drei Ärzte. Holzschnitt von Hans Wechtlin vom Beginn des 16. Jh. Ein Arzt deutet auf ein Geschwür am Kopf des Patienten und diskutiert mit seinem Kollegen. Der dritte Arzt betrachtet eine Urinprobe in einem Glaskolben. Ein Gehilfe ist mit dem Auswaschen des Blutkuchens in einer Schüssel beschäftigt. |
Verwaltung 1547: Peter Studeck und Johann Hofmann wurden vom Stadtrat gebeten, "den gottesarmen siechen Leuten auf der Brückbach vorzustehen, damit was Gott und gute Leute geben, nützlich angelegt werde". Städtischer Verwalter vor Ort war der Schellenknecht, der mit seiner Frau und dem Gesinde das "Hauptsiegenhaus" bewohnte. 1551: Der "arme Mann, der den Siechen leuten den Brotkorb mit der Schellen umbträgt und itzo sein wonhaus abgebrannt" ist, erhielt vom Stadtrat Bauholz zugewiesen, damit er das Gebäude wieder aufbauen konnte. Am Beginn des 17. Jahrhunderts sind in den Ratsprotokollen mehrmals Hinweise auf die schlechte Amtsführung des Schellenknechtes belegt. Zunächst baten die Leprosen 1611 den Koblenzer Rat, er möge "ihrem ferger" das Fluchen untersagen und ihm befehlen, mit den Almosen treulich umzugehen. Im Jahre 1613 drohte der Rat dem Schellenknecht mit der Absetzung, wenn er nicht Frieden halten würde. Offensichtlich kam es trotz der Drohungen zu keiner Besserung; denn 1617 wurde im Rat vorgebracht, daß "ein überaus große Unzucht und Schand mit Fressen und Sauffen uffm Sieggenberg geschehe". Der Rat beschloß daraufhin: "Es soll des Schellenmanns Frau höher genommen und gestrafft, auch der Herr Pastor von Kapellen hierüber gehört werden". Stiftungen und Schenkungen, Einkünfte und Besitz 5. Juli 1542: Rentenverkauf zwischen Johann Karmer zu Lützelkoblenz und den Testamentsvollstreckern der Witwe des Johann von Divelich betreffend ein dem Siechenhaus auf der Brückbach verschriebenes Legat; 1552: Schenkung von 40 Gulden als Aufnahmegebühr für einen blinden aussätzigen Jungen durch den Koblenzer Kanoniker Johann Gillenfeld; im gleichen Jahr übergab der Koblenzer Offizial dem Leprosorium aus einem Testament 75 Gulden; 4. April 1558: Der Barbier Mathis von Huirn verkauft an Johann Hoffmann, "des Raths zu Coblenz geordneten Verweser und Pfleger der armen Aussätzigen und Sondersiechen auf der Brückbach" 3 fl. Jahreszins für 60 fl.; 1586: Schenkung von 50 Gulden an die "armen Feldsiechen" durch Balthasar Böß, der "ein Jesuiter worden" war. Die Aufnahmegebühr schwankte im 16. Jh. zwischen 10 und 100 Gulden, in zwei Fällen zwischen 50 und 100 Talern. Der Nachlaß verstorbener Siechen fiel an das Leprosorium. Der Schellenknecht durfte einmal pro Woche in der Stadt und den umliegenden Dörfern Almosen für die Leprosen sammeln, von denen ihm ein Anteil zustand. Zusätzlich wurden mittels eines Siechennachens Almosen von Schiffsreisenden erbeten. Um die Almosensammlung für die Koblenzer Siechen nicht zu schmälern, bestimmte der Rat 1539, daß "die fremden sichen so viel als möglich, uß der Stat gehalten sullen werden, darin kein gewerblicher (Kranker) ohn ansehung der person gepracht werden sulle". Deshalb bestimmte eine Verordnung von 1557, daß "die ußsetzigen und frembde Bettler" an den Toren abgewiesen werden sollten. 1611: 179 Gulden Einnahmen, 141 Gulden Ausgaben; 1616: 209 Gulden Einnahmen, 68 Gulden Ausgaben. 1754: 1842 Reichstaler Kapital; 1781: 4550 Reichstaler Kapital. 1804: Das Vermögen der Einrichtung in Höhe von 5619 Franken fiel an das Bürgerhospital der Stadt. Lepraschau So wurde nach einem Ratsbeschluß des Jahres 1554 ein Aussatzverdächtiger ad probam nach Köln geschickt "wie der prauch ist". 1582, 1587, 1669 und zuletzt 1686 wurden Lepraverdächtige vom Rat der Stadt zur Untersuchung nach Köln gesandt; 1594 wurde allerdings einmal ein Bürger zur Besehung nach Trier geschickt. Bedürftigen wurden die Reisekosten komplett oder zumindest zur Hälfte von der Stadt erstattet; mitunter begleitete sie ein Stadtdiener auf der Reise, der 1580 einen halben Taler Reiseentschädigung erhielt. 1539: Vagierende Leprose wurden auf Anordnung des Rates zur Überprüfung ihrer Erkrankung im Leprosorium untersucht. Später war die Lepraschau hier wohl verboten; denn 1593 wurde einem Bürger vom Rat ausdrücklich untersagt, seine auswärts wohnende Tochter "ad probam" nach Koblenz kommen zu lassen. Schließung |
Literatur
Stadtarchiv Koblenz Bestand 623, Nr. 458; Nr. 523, Nr. 1002, Nr. 1005
Bär, Siechenhaus bei Koblenz, 2f.
Diel, Medizinalwesen, 71
Frohn, Aussatz (Rheinland), 53-56
Gerstdorff, H. v., Feltbuch der Wundartzney. Lindau 1976 (unveränderter Nachdruck der Erstausgabe Straßburg 1517), fol. LXXIIr.
Grundmann, Hospital (Koblenz), 107-111
Melters, K.H., 750 Jahre Pfarrgemeinde Horchheim. Ein Festbuch aus Anlaß des Jubiläums herausgegeben von der Pfarrei und dem Ortsring Horchheim. Horchheim 1964
Schüller, Aussatz (Koblenz), 138-143
Staerk, Gutleuthäuser, 535
Wegler, Coblenz, 18-19.